Die Strategien der Kreuzfahrtreedereien beim Neustart

14. Juli 2021
Martina Sommerfeld
Während europäische Anbieter keine Impfpflicht als Zugangsvoraussetzung eingeführt haben, bestehen die großen US-Gesellschaften bei ihren Reisen in Europa darauf. Das ermöglicht es ihnen, zum Beispiel auf Maskenpflicht an Bord zu verzichten, und es erleichtert Landausflüge. Die größeren Freiheiten an Bord der US-Schiffe könnten Europas Kreuzfahrtreedereien bald unter Zugzwang setzen.

Der Restart der Kreuzfahrten erfolgte in Europa bisher nach einigermassen klaren und nachvollziehbaren Regeln: Wer an Bord will, benötigt je nach Reiseregion einen bis zwei negative PCR-Tests, die zum Zeitpunkt des Check-In maximal 72 Stunden zurückliegen.

Dies gilt zunächst und weiterhin noch unabhängig von einer möglichen Impfung oder Genesung. Zusätzlich können beim Einchecken und während der Reise Antigen-Schnelltests durchgeführt und/oder die Körpertemperatur gemessen werden.

An Bord herrscht in der Regel und mit Ausnahmen wie beim Konsumieren, auf den Liegen an Deck und natürlich in der eigenen Kabine eine Maskenpflicht. Zudem gelten Massnahmen zur Einhaltung der geforderten Abstände und zur Vermeidung von Massenaufläufen im Theater, Fitness etc.

Auch Self-Service am Buffet ist fast überall noch nicht zurück. Landgänge sind derzeit fast überall und unverändert einzig in der «Bubble» möglich, einer von der Reederei organisierten und geführten Gruppe.

Amerikaner preschen mit Impfschutz vor

Inzwischen haben aber auch erste amerikanische Reedereien wie Celebrity, Royal Caribbean Int,, Seabourn oder Silversea in Europa Fahrt aufgenommen, weitere wie Norwegian Cruise Line, Holland America Line, Crystal Cruises oder Viking folgen. Einige, vor allem grössere US-Reedereien verlangen dabei für den Zutritt an Bord eine vollständige Covid-Schutzimpfung.

Wie zum Beispiel NCL bestätigt, entfallen dafür an Bord die Maskenpflicht und die Abstands-Massnahmen. Auch Landgänge sind – sofern von den Destinationen zugelassen – individuell möglich, da das Schiff mit 100 Prozent Geimpften fährt.

Solche durchaus attraktiven Lockerungen, die dank eines strikten Impf-Nachweises sämtlicher Passagiere möglich werden, könnten nun die europäischen Reedereien unter Zugzwang bringen. Oder aber das im Zusammenhang mit dem europäischen Covid-Zertifikat präferierte 3-G-Konzept einer Gleichbehandlung von Geimpften, Getesteten und Genesenen mit entsprechenden Massnahmen setzt sich für alle Anbieter und Destinationen durch.

Unklarheiten und Streitereien in den USA

Die Impf-Strategie amerikanischer Reedereien erklärt sich vor allem durch die Bestimmung der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC, dass für den Restart ab US-Häfen mindestens 95 Prozent der Passagiere geimpft sein müssen.

Doch nun wurden in Florida, mit den Ausgangshäfen Miami, Ft. Lauderdale und Port Canaveral der weitaus wichtigste Cruise-Staat der USA, wie auch in Texas (Ausgangshafen Galveston) neue Gesetzesvorlagen erlassen, die es Unternehmen verbieten, von den Kunden einen Impfnachweis zu verlangen.

Für die Reedereien stellt sich nun die Frage, wie sie in den USA der 95-Prozent-Regel der CDC entsprechen können. Die aktuelle Handhabung dieses Problems auf den kürzlich erfolgten ersten Restart-Fahrten von Celebrity, Carnival und Royal Caribbean Int. ab US-Häfen entbehrt nicht einer gewissen Brisanz: Die Gäste können freiwillig einen Impf-Nachweis vorweisen und geniessen dafür an Bord gewisse Freiheiten, welche den übrigen, «nur» PCR-getesteten Passagieren vorbehalten bleiben – ein Armband dokumentiert den privilegierten Status.

Diese Freiheiten betreffen etwa den Wegfall der Maskenpflicht in ausschliesslich für Geimpfte reservierten Räumlichkeiten und Bereichen oder den individuellen Landgang. Diese neue «Zweiklassen-Gesellschaft» sorgt nun wiederum da und dort für harsche Kritik.

Natürlich sind all diese Vorschriften und Umsetzungen keineswegs in Stein gemeisselt und können sich je nach epidemiologischer Lage und behördlicher Bestimmungen jederzeit wieder ändern. Zudem sorgt in den USA ein weiterer Gerichtsfall für Unklarheiten, der vom Bundesstaat Florida gegen die Anordnungen der CDC im Zusammenhang mit der «Conditional Sailing Order» angestrebt wurde. Diese benachteilige die Cruise-Industrie in ungerechtfertigter Weise, so die Klage, die inzwischen von einem Gericht gutgeheissen wurde. Was dies nun konkret bedeutet ist dann das nächste Kapitel dieser zähen Restart-Geschichte.

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